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Wer älter ist hat auf dem Arbeitsmarkt weniger Chancen. Darum sind Kündigungen oft auch Schicksalsschläge. Welche Möglichkeiten haben Menschen, die zum Beispiel über 50 Jahre alt sind und denen gekündigt wird? Dieser Frage ist Reto Ramstein, Jurist, im Auftrag von berufliche-neuorientierung.ch nachgegangen.

Wird einem Mitarbeiter z.B. über 50 gekündigt, gibt es rechtliche Aspekte, die ihn unterstützen?

Ältere Angestellte eines Unternehmens trifft eine unerwartete Kündigung besonders hart. Sie verlieren nicht nur die Existenzgrundlage, sondern auch ihre Identität, die sie sich mit der langjährigen Betriebszugehörigkeit erschaffen haben. Ausserdem haben ältere Arbeitnehmer bei der Stellensuche immer noch mit Vorbehalten von Arbeitgebern zu kämpfen. Nach den Erfahrungen des Beobachter-Beratungszentrums haben Unternehmen aber wenig Hemmungen, ihre langjährigen Mitarbeiter zu entlassen, wenn z.B. die Leistung abnimmt. (Quellen: der Beobachter, Kündigung Jahrzehnte treu – dann abserviert, beobachter.ch/arbeit-bildung/arbeitsrecht/artikel/kuendigung_jahrzehnte-treu-dann-abserviert/).

Wie kann rechtlich gegen eine Kündigung vorgegangen werden?

Die Ausgangslage ist leider nicht ideal. Das Schweizer Arbeitsvertragsrecht hat keinen besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer. Es braucht weder eine Vorankündigung noch einen Grund für die Kündigung. Auch Sozialpläne sind gesetzlich nicht vorgesehen. Obwohl es eine gesetzliche Abgangsentschädigung für über 50-Jährige gibt, die nach mehr als 20 Dienstjahren ihre Arbeitsstelle verlassen, können die Arbeitgeber ihre Pensionskassen-Beiträge mit der Abgangsentschädigung verrechnen. Die Zahlungen der beruflichen Vorsorge haben grundsätzlich Vorrang. (Quellen: grenznah.info, Arbeitsrecht in der Schweiz, grenznah.info/16.html, der Beobachter, Kündigung Jahrzehnte treu – dann abserviert, beobachter.ch/arbeit-bildung/arbeitsrecht/artikel/kuendigung_jahrzehnte-treu-dann-abserviert/).

Allerdings gibt es ausnahmsweise ein Recht auf Entschädigung, wenn der kündigende Arbeitgeber das Prinzip der schonenden Rechtsausübung verletzt. Das Bundesgericht hat diesbezüglich entschieden (BGE 132 III 115), dass ein Unternehmen eine erhöhte Fürsorgepflicht hat, wen ein Angestellter sein gesamtes Arbeitsleben für das Unternehmen tätig war. Wer deshalb <<einem Angestellten nach 44 Dienstjahren, wenige Monate vor der Pensionierung ohne betriebliche Notwendigkeit und ohne nach einer sozialverträglicheren Lösung gesucht zu haben, kündigt, verletzt seine Fürsorgepflicht und handelt damit missbräuchlich>>; d.h. die Kündigung ist missbräuchlich nach Art. 336 OR. In diesem Fall wurde einem älteren Angestellten eine Abgangsentschädigung von sechs Monatslöhnen zugesprochen. Wer eine Entschädigung beanspruchen will, muss dies jedoch vor dem Ablauf der Kündigungsfrist beim Arbeitgeber schriftlich verlangen. Ausserdem ist innerhalb von 180 Tagen ab dem Ende des Arbeitsverhältnisses die Klage beim Gericht einzureichen (Art. 336b OR, vgl. auch Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Kündigung, seco.admin.ch/themen/00385/00420/04667/04686/?lang=de).

Tipp: ältere Arbeitnehmer sollten sich rechtlich beraten lassen, wenn sie vor der Pensionierung und ohne Sozialplan/Entschädigung eine Kündigung erhalten.

Konkurrenzverbot

Ein Konkurrenzverbot ist angemessen zu beschränken, damit eine unnötige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers vermieden wird. Falls jedoch die wirtschaftliche Existenz eines älteren Arbeitnehmers durch eine Altersrente vollumfänglich gesichert ist, kann dies im Ergebnis dazu führen, dass ein Konkurrenzverbot gegenüber einen pensionierten Arbeitnehmer (mit viel Erfahrung) noch strenger ausgestaltet wird. (Quelle: Dr.iur. Christoph Senti, Pensionierte als Arbeitnehmende: Ein arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Sonderfall mit Stolperstricken, Bereinigtes und aktualisiertes Referat der Weiterbildungsveranstaltung des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis, St. Galler Tagung zum Arbeitsrecht, Freitag, 2. Dezember 2011, Grand Casino Luzern, 9450.ch/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=70).

Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit

Es ist grundsätzlich möglich, Freizügigkeitskapital vorzeitig in bar zu beziehen, falls eine selbständige Erwerbstätigkeit aufgenommen wird. Bei einem Scheitern droht allerdings der Verlust dieses Altersguthabens. Aus diesem Grund sollten insbesondere ältere Selbständigerwerbende von einem Barbezug des Altersguthabens absehen. (Quelle: Startwerk.ch, Vorsorgegelder für Selbständigkeit einsetzen? Startwerk.ch/2013/02/18/bvg-als-startkapital-vorsorgegelder-fuer-selbstaendigkeit-einsetzen/).

Sozialversicherungsrechtliche Regelung

Falls ältere Arbeitnehmer 48 Monate oder weniger vor Erreichen des AHV-Alters arbeitslos werden, können Sie bis zur Ausrichtung der AHV-Rente Arbeitslosentaggelder beanspruchen. Ihr Höchstanspruch beträgt 640 Taggelder. Ein halbes Jahr vor dem AHV-Alter sind sie auch nicht mehr verpflichtet, eine Stelle zu suchen. (Quelle: grenznah.info, Arbeitsrecht in der Schweiz, Grenznah.info/16.html)

(c) berufliche-neuorientierung.ch – 15.02.2014

Autor: Reto Ramstein, Jurist

Einleitung: Andreas Räber, GPI Coach, Coaching-Persoenlichkeitsentwicklung.ch

Webtipp:

Ausbildung-Tipps.ch: 50plus und wie man einen neuen Job findet 

Es können schwierige Zeiten, ja regelrechte Sinnkrisen sein, wenn man der Tatsache ins Auge schaut und für sich feststellen muss: Ich habe schlicht den falschen Beruf gewählt. Vielleicht erschien der Arbeitsmarkt damals bei der Wahl der Ausbildung besonders vielversprechend oder man liess sich von den Schulfreunden mitreissen – und merkt nun: Das war wohl der falsche Weg. Und dann, wohin? Oder positiv formuliert, es bietet sich vielleicht ganz unverhofft die Möglichkeit, das Hobby zum Beruf zu machen. Aber dafür den sicheren Job aufgeben? Soll ich das wagen? Hinter beiden Situationen steht die Frage: Wie funktioniert berufliche Neuorientierung? Kann sie gelingen, auch noch mit 35 oder 40?

Die Antwort ist: Ja, das kann sie. Beruflich umzusatteln ist ein nicht ganz leichtes Manöver. Aber wenn Chancen und Risiken realistisch und am besten zusammen mit einem Coach abgewogen und ausgewertet werden, kann dieser Ritt zum Abenteuer des Lebens werden.

Sich zielstrebig auf den Weg machen

Zunächst ist wichtig, für sich Schritt für Schritt herauszufinden, wo die eigenen Interessen und wo Stärken und Schwächen liegen. Zum Beispiel:

  • Bin ich besonders menschenorientiert oder doch eher der Sach-Typ?
  • Welche Mischung tut mir gut?
  • Welches Arbeitsumfeld passt zu mir?
  • Wie sollte mein Arbeitsplatz aussehen?

Mit den Antworten auf diese Fragen im Gepäck, steht der gezielten Jobsuche nichts mehr im Wege. In dieser Phase sei jedem geraten: Nur Mut! Lassen Sie sich nicht abschrecken von unrealistischen Stellenausschreibungen, deren Anforderungen Sie mit Ihrem Profil nicht vollumfänglich erfüllen. Stellen Sie sich vielmehr Fragen wie:

  • Entspricht diese Stelle meinen nun evaluierten Bedürfnissen und Fähigkeiten?
  • Kann ich hier leidenschaftlich arbeiten?
  • Ist dieser Job ein Abenteuer für mich?

Lautet die Antwort ja, dann sind Sie auch für den potenziellen Arbeitgeber attraktiv. Drehen Sie den Spiess ruhig mal um: Nicht der Arbeitgeber sucht hier den Bewerber, sondern Sie suchen Ihre Arbeit.

Guter Rat von aussen einholen

Wer eine tiefgreifende Sinnkrise im Beruf schon einmal erlebt hat, der weiss, dass der Rat von Freunden, obschon gut gemeint, meist nicht viel Neues bringt. Je näher die Menschen, desto befangener ihre Sicht. Ein Coaching trägt in den meisten solcher Fällen effizient zu einer guten Lösung bei. Professionelle Beratung mit seriösen Persönlichkeitstests und deren Auswertung sowie die Übertragung auf die Berufswelt kostet zwar etwas – ist aber im Endeffekt mit Gold nicht aufzuwiegen.

Autor: Andreas Räber, GPI®-Coach

Andreas Räber, GPI-Coach

Mehr Infos zum Autor finden Sie auf Andreas-Räber.ch und auf Coaching-Persoenlichkeitsentwicklung.ch.

Weiterführende Links:

© berufliche-neuorientierung.ch – 01.07.2013